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Leena Lehtolainen

Lehtolainen Leena Katriina

Geb. am 11. März 1964 in Vesanto

1988 Magister  der Philosophie (Finnische Literatur), 1995 Lizenziatin der Philosophie (Finnische Literatur), Universität Helsinki

Schriftstellerin
1982–1983 Kassiererin, Personalkantine im Finnischen Nationaltheater
1988–1990 künstlerische Leiterin des Chors von Tapiola, Espoo
1990–1991 stellv. Assistentin und stellv. Juniorprofessorin, Institut für Finnische Literatur an der Universität Helsinki

Publikationen, Preise und Ehrungen:
Über 20 Romane, Novellensammlungen, Essays, Kolumnen
1997 Finnischer Krimipreis
2000 Literaturpreis der Stadt Espoo
2004 Päivää-God dag-Preis (für ihre positive Einstellung zum Schwedischen), Finnlandschwedische Volksversammlung

Bild: Thomas Whitehouse
Autorin: Leena Lehtolainen, Kaija Hartikainen (Hrsg.)
Übersetzer:
Jukka Heliö
 

Eine Forscherin wird Schriftstellerin

Ambitionen einer jungen Frau

Als Kind träumte ich von einer Schriftstellerkarriere. Mein Traum erfüllte sich schon im ganz jungen Alter, denn ich veröffentlichte mit 12 Jahren mein Erstlingswerk und ein anderes Jugendbuch fünf Jahre später, 1981. Mit den Erfahrungen einer Schülerin als Schriftstellerin musste ich die Realitäten akzeptieren: Nur wenige verdienen sich in Finnland mit Büchern ihr Brot, deshalb braucht man einen zweiten Beruf.

Als Hauptfach entschied ich Finnische Literatur zu studieren. Eines war sicher: Ich wollte keine Lehrerin werden. So betrat ich nicht einmal den Boden des Instituts für finnische Sprache mit Lehrerausbildung. Meine Fächerkombination war ganz unpraktisch: Theaterwissenschaft und Theoretische Philosophie als Nebenfächer, mit einigen Leistungspunkten in Kommunikationswissenschaft.

Als ich die zu meinem Studium gehörenden Klassiker las, begann ich, mein eigenes Gekritzel geringzuschätzen. „Was soll ich denn aus mir werden?“, dachte ich. Mein Studium machte Spaß, am liebsten schrieb ich die Magisterarbeit. Geld musste ich auch verdienen, deshalb nahm ich nach meinem Studienabschluss die erste Stelle – die einer künstlerischen Leiterin vom Chor von Tapiola – an, die meiner Ausbildung zumindest ein bisschen entsprach.

Lehtolainen 1986 bei der Promotion als Kranzflechterin für Mikko Lensu (ihren damaligen Freund und heutigen Ehemann). (Fotograf unbekannt.)​
Lehtolainen 1986 bei der Promotion als Kranzflechterin für Mikko Lensu (ihren damaligen Freund und heutigen Ehemann). (Fotograf unbekannt.)​

Nach der Arbeit entspannte ich mich beim Lesen. Ich konzentrierte mich systematisch auf die neue feministische Kriminalliteratur. Ich wunderte mich, warum in dem Land, das als die Welt der Gleichberechtigung geachtet wird, keine Krimis geschrieben werden, wo die Frauen als professionelle Hauptfiguren dargestellt werden. Ich stellte auch fest, dass, wenn es um einheimische weibliche Kriminalautoren in der Literaturforschung ging, nur pure Leere herrschte. Wäre es meine Aufgabe, die erste Lizenziatenarbeit über dieses Thema zu schreiben? An der Universität wurde grünes Licht gezeigt. Ich würde mich also als Forscherin engagieren.

Das Schreiben nahm die ganze Hand

Mein ursprünglicher Plan war literaturgeschichtlich: Ich würde untersuchen, was für Kriminalromane finnische Schriftstellerinnen geschrieben hatten. Ich hatte auch eine politische Agenda: Ich wollte unterschätzte Werke zur Sprache bringen. Warum war z. B. Eeva Tenhunen keine Klassikerin? Allmählich konzentrierte sich meine Forschung immer mehr und mehr auf ihre Werke, und am Ende waren es nur drei: Mustat kalat (dt. Übers. Schwarze Fische), Nuku hyvin, Punahilkka (Schlaf gut, Rotkäppchen) und Kuolemaan sukupuussa (Stammbaum des Todes). Ich konzentrierte mich auf deren Intertextualität und Relation zum Genre.

Die Verwunderung darüber, wo die erste finnische fiktive Polizistin bleibt, war aber immer noch da. Auch die Biologie tat das Ihre: Das Baby-Fieber steckte an, ich wurde schwanger und blieb wegen der Kinder zu Hause. Weil ich nur eine Stellvertreterin gewesen war, hatte ich keine Stelle, wohin ich nach dem Mutterschaftsurlaub zurückkehren konnte. Das Forschen interessierte mich weiter, aber ich wollte auch probieren, ob ich selbst einen Krimi schreiben könnte. Es brachte noch mehr Spaß als das Verfassen von wissenschaftlichen Texten. Als man sich für die Veröffentlichung von Ensimmäinen murhani (Mein erster Mord) entschied, hatte ich schon die Rohlinge für die zwei nächsten Bücher bereit.

Der Anfang der 1990er war in meinem Leben sehr lebhaft. Die Söhne wurden 1991 und 1994 geboren, Ensimmäinen murhani wurde 1993 veröffentlicht und danach ein Roman jährlich, die Lizenziatenarbeit wurde 1995 angenommen. Ich kam nicht mehr dazu, Lohnarbeit zu suchen, weil die Schriftstellerkarriere mich mitriss. Für meine geplante Doktorarbeit habe ich immer noch nichts unternommen. Wenn die Kriminalromane nicht mehr laufen, kehre ich möglicherweise zurück zur Forschungsarbeit.

Lesung 2005 im Finnland-Institut in Berlin. Leena Lehtolainen (rechts) und ihre deutsche Übersetzerin Gabriele Schrey-Vasara (links).​
Lesung 2005 im Finnland-Institut in Berlin. Leena Lehtolainen (rechts) und ihre deutsche Übersetzerin Gabriele Schrey-Vasara (links).​

 

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